BGH verurteilt Pfando zu Schadenersatz

München, 16.05.2023. Zwangslagen wie finanzielle Schwierigkeiten dürfen nicht unangemessen ausgenutzt werden. Dann können Verträge sittenwidrig und nichtig sein. Der BGH hat mit Urteil vom 16.11.2022 in einem Fall entschieden, dass bei einem Vertrag mit dem Pfandleiher Pfando ein wucherähnliches Geschäft vorliegt und der Kläger daher Anspruch auf Schadenersatz gegen Pfando hat.

Das eigene Auto verkaufen und es anschließend mieten. Das ist kurz gesagt das Geschäftsmodell der Pfando’s Cash & Drive GmbH im Berlin. Pfando lockte Kunden damit an, dass sie schnell und unkompliziert ihr Fahrzeug verkaufen können, Bargeld erhalten und dann mit dem Auto weiterfahren (Sale and rent back). Nach einer vertraglich vereinbarten Mietzeit haben die Kunden dann die Möglichkeit, das Auto im Rahmen einer Versteigerung zurückzukaufen.

Für Menschen, die in akuten finanziellen Schwierigkeiten stecken, ist dieses Modell eine Möglichkeit schnell zu Bargeld zu kommen. Allerdings müssen sie dafür ggf. einen hohen Preis zahlen, wenn ein krasses Missverhältnis zwischen Kaufpreis und tatsächlichem Wert des Fahrzeugs besteht. Der WDR berichtete bspw. davon, dass Pfando Fahrzeuge weit unter Wert kaufte. „Der BGH ist den Pfando-Kunden nun zur Seite gesprungen. Nach dem Urteil können sie Schadenersatzansprüche geltend machen, wenn ein wucherähnliches Geschäft vorliegt“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.

In dem Fall vor dem BGH hatte der Kläger seinen BMW M5 an Pfando im Januar 2018 zum Preis von 5.000 Euro verkauft und anschließend für eine monatliche Miete in Höhe von 495 Euro gemietet. Der Händlereinkaufswert des Fahrzeugs betrug zum Verkaufszeitpunkt 13.700 Euro. Bis September 2018 hatte der Kläger insgesamt 4.455 Euro Miete und eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 99 Euro gezahlt. Da er die Miete für Oktober 2018 schuldig blieb, kündigte Pfando den Mietvertrag und ließ den BMW öffentlich versteigern. Dabei ersteigerte Pfando das Fahrzeug selbst und verkaufte es anschließend weiter. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs betrug zu diesem Zeitpunkt 16.000 Euro.

Dagegen wehrte sich der Kunde mit Erfolg. Das OLG Hamm sprach ihm Schadenersatz zu. Der BGH bestätigte die Entscheidung. Es liege ein wucherähnliches Rechtsgeschäft vor, so dass der Kauf- und der Mietvertrag sowie die anschließende Übereignung des Fahrzeugs an Pfando nichtig sind. Zur Begründung führten die Karlsruher Richter aus, dass aufgrund des groben Missverhältnisses zwischen dem Kaufpreis in Höhe von 5.000 Euro und dem Händlereinkaufswert in Höhe von 13.700 Euro eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten vermutet werden könne.

Pfando müsse daher Schadenersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswertes von 16.000 Euro für das versteigerte Fahrzeug leisten und die erhaltenen Mietzahlungen inkl. der Bearbeitungsgebühr (zusammen 4.554 Euro) zurückzahlen. Davon sei der erbrachte Kaufpreis in Höhe von 5.000 Euro abzuziehen. Unterm Strich habe der Kläger einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 15.554 Euro entschied der BGH.

„Von einem sittenwidrigen Rechtsgeschäft oder Wucher ist in der Regel auszugehen, wenn der tatsächliche Wert des Fahrzeugs doppelt so hoch war, wie der vereinbarte Kaufpreis. Kunden, die Verträge mit Pfando mit einem ähnlich auffälligen Missverhältnis abgeschlossen haben, können ihre Ansprüche auf Schadenersatz prüfen lassen“, so Rechtsanwalt Cocron.

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