Corona – Betriebsschließungsversicherung muss zahlen

München, 08.10.2020. Corona hat viele Gewerbetreibende und insbesondere auch die Gastronomie hart getroffen. Aufgrund behördlicher Anordnungen mussten sie ihre Lokale wochenlang schließen. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Wie das Landgericht München mit Urteil vom 1. Oktober 2020 entschieden hat, ist die Betriebsschließungsversicherung bei einer behördlich angeordneten Schließung wegen Corona unter gewissen Voraussetzungen eintrittspflichtig. Ein Wirt aus München hat demnach einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von rund einer Million Euro gegenüber seinem Versicherer (Az. 12 O 5895/20).

Gähnende Leere in den Biergärten, die Stühle hochgestellt, keine Gäste in den Restaurants. Dieses Bild hat sich aufgrund der Corona-Pandemie im Frühling allerorts geboten, nachdem die zuständigen Behörden die Schließung der Lokale aufgrund der Ansteckungsgefahr mit dem Corona-Virus angeordnet hatten. Vielen Gastwirten hat die Corona-Krise wirtschaftlich massiv zugesetzt. Selbst, wenn sie eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen haben, sind sie damit noch nicht aus dem Schneider. Denn die Versicherer weigern sich häufig zu zahlen.

So erging es auch einem Gastwirt aus München. Auf Anordnung des Bayerischen Gesundheitsministeriums hatte er sein Lokal wegen der Corona-Pandemie ab dem 21. März 2020 auf Grundlage einer Allgemeinverfügung für schließen müssen. Vorausschauend hatte er Anfang März eine Betriebsschließungsversicherung gerade im Hinblick auf die Pandemie abgeschlossen.

Der Versicherer wollte nun allerdings nicht zahlen. Dies begründet er damit, dass der Wirt zunächst gegen die Schließungsanordnung hätte vorgehen müssen. Zudem sei das Corona-Virus nicht Gegenstand der Police.

Dieser Argumentation erteilte das LG München eine klare Absage. Die Versicherung sei eintrittspflichtig. Das Lokal sei auf Anordnung des Bayerischen Gesundheitsministeriums geschlossen worden. Entgegen der Ansicht des Versicherers komme es dabei nicht auf die Rechtsform und Rechtmäßigkeit der Anordnung an. Der Wirt habe daher auch nicht gegen die Anordnung vorgehen müssen, so das Gericht.

Zudem sei es für die Eintrittspflicht der Versicherung auch nicht erforderlich, dass das Corona-Virus innerhalb des Betriebs aufgetreten ist. Nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen komme es lediglich darauf an, dass der Betrieb auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) geschlossen wurde. Dies sei der Fall, da sich die Schließungsanordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege ausdrücklich auf die im IfSG genannte Ermächtigungsgrundlage stütze.

Der Betrieb des Klägers sei auch vollständig geschlossen gewesen. Ein Außerverkauf habe nicht stattgefunden und sei dem Kläger auch nicht zumutbar gewesen, so das Gericht.

Weiter rügte die Kammer Klauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) als intransparent und somit unwirksam. Werde der Versicherungsschutz durch eine Klausel in den AVB eingeschränkt, müsse dem Versicherungsnehmer deutlich vor Augen geführt werden, in welchem Umfang dennoch Versicherungsschutz besteht. Dies sei hier nicht der Fall, urteilte das Gericht.

Die Betriebsschließungsversicherung müsse dem Wirt daher eine Entschädigung für die behördlich angeordnete Schließung des Lokals zahlen. Dabei seien weder Kurzarbeitergeld noch staatliche Corona-Liquiditätshilfen anspruchsmindernd zu berücksichtigen, so das LG München.

„Das Urteil ist zwar noch nicht rechtskräftig, es kann aber wegweisend für viele weitere Klagen gegen die Betriebsschließungsversicherungen sein. Der Argumentation vieler Versicherer, dass sie nicht eintrittspflichtig seien, hat das Landgericht München den Zahn gezogen“, sagt Rechtsanwalt Steffen Liebl, CLLB Rechtsanwälte.

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