Bitcoins sind kein Finanzinstrument im Sinne des KWG – Erlaubnis der BaFin für Handel vielfach nicht nötig
Berlin, 15.10.2018. Das Kammergericht Berlin hat am 25. September 2018 unter dem Aktenzeichen (4) 161 Ss 28/18 (35/18) ein bemerkenswertes Urteil zum Handel mit Bitcoin gesprochen. Demnach ist der Handel nicht strafbar, da der Bitcoin kein Finanzinstrument im Sinne des Kreditwesengesetzes (KWG) ist.
„Das Urteil hat weitreichende Bedeutung, da sich die Rechtsprechung des Kammergerichts Berlin auch auf andere Kryptowährungen und ICOs anwenden lassen dürfte“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.
Wer in Deutschland gewerbsmäßig Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt, benötigt dazu eine Erlaubnis der Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin. „Nach dem Urteil des KG Berlin dürfte diese Erlaubnis bei Kryptowährungen oder ICOs vielfach nicht notwendig sein, weil die BaFin gar nicht zuständig ist. Es ist auch nicht ihre Aufgabe, mögliche Regelungslücken im Gesetz zu schließen. Das obliege immer noch dem Gesetzgeber, wie das Kammergericht Berlin klarstelle“, erklärt Rechtsanwalt Cocron.
Angeklagt war ein Mann, der eine Plattform im Internet zum Handel mit Bitcoins unterhielt. Die Plattform vermittelte sowohl Käufer als auch Verkäufer und als der Bitcoin Anfang 2013 zu seinem Höhenflug ansetze, „explodierte“ auch der Umsatz der Handelsplattform. Innerhalb weniger Tage hatte sich der Kontostand ungefähr verzehnfacht. Wegen des Verdachts der Geldwäsche haben die polnischen Behörden das Konto wenig später stören lassen. Inzwischen gibt es das Konto nicht mehr und auch die Internetseite ist abgeschaltet.
Der Angeklagte musste sich in Deutschland wegen Verstoßes gegen das KWG verantworten. Mit dem Bitcoin-Handel habe er Bankgeschäfte ohne die erforderliche Erlaubnis der BaFin betrieben. In erster Instanz wurde er deshalb zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Landgericht Berlin hob diese Entscheidung jedoch auf und sprach den Mann frei. Das KG Berlin bestätigte nun das Urteil des Landgerichts. Der Handel mit Bitcoins über die Plattform sei nicht erlaubnispflichtig gewesen, da es sich bei der Kryptowährung nicht um ein Finanzinstrument im Sinne des KWG und insbesondere nicht um eine Rechnungseinheit handelt. Eine Erlaubnis der BaFin sei deshalb nicht nötig gewesen.
Bei den Bitcoins handele sich auch nicht um Rechnungseinheiten, stellte das Kammergericht weiter klar. Es gebe keine gesetzlichen Anhaltspunkte, dass Kryptowährungen unter den Begriff der Rechnungseinheit fallen sollten. Der Bitcoin habe keinen eigenen darstellbaren oder vergleichbaren Wert. Daher sei er auch keine Währung oder Zahlungsmittel im klassischen Sinn, auch wenn der Bitcoin unter bestimmten Wirtschaftsteilnehmern als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Sein Wert hänge entscheidend davon, welchen Wert ihm die Nutzer zumessen. Damit unterliege er stärksten, nicht vorhersehbaren oder kalkulierbaren Schwankungen.
Dem Bitcoin fehle es somit an allgemeiner Anerkennung und einer vorhersehbaren Wertbeständigkeit. Dadurch kann er auch nicht zur allgemeinen Vergleichbarkeit verschiedener Waren und Dienstleistungen herangezogen werden. In der Konsequenz erfüllt der Bitcoin darum eine wesentliche begriffliche Voraussetzung von Rechnungseinheiten nicht. Mit der Behauptung, Bitcoins fielen unter den Begriff der Rechnungseinheiten habe die BaFin ihre Aufgaben und Kompetenzen überschritten.
Außerdem führte das Kammergericht Berlin aus, dass es sich bei Bitcoins auch nicht um E-Geld handele, da schon die Voraussetzung der Ausgabe durch einen Emittenten beim Bitcoin nicht gegeben sei.
Beim Handel mit Kryptowährungen oder der Ausgabe von ICOs gibt es noch viele rechtliche Unsicherheiten, so dass eine juristische Beratung oft unerlässlich ist“, sagt Rechtsanwalt Cocron.