München, 04.12.2020. Zwei Milliarden Euro, die es offenbar nie gegeben hat, Verdacht auf gewerbsmäßigen Betrug, Marktmanipulationen oder Geldwäsche – der Fall der inzwischen insolventen Wirecard AG gehört zu den größten Finanzskandalen am Aktienmarkt und in der Geschichte der Bundesrepublik. Zurück bleiben etliche geschädigte Aktionäre und Anleger. Sie können ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden und Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen.
Zurück bleibt aber auch Frage, warum den Verantwortlichen der Wirecard AG nicht schon viel früher auf die Finger geschaut wurde und warum sie über Jahre ihre „krummen Geschäfte“ durchziehen konnten. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die BaFin ihren Aufsichtspflichten nicht nachgekommen ist und Schlimmeres hätte verhindert werden können. Dass die Finanzdienstleistungsaufsicht im Fall Wirecard keine gute Figur abgibt, zeigt ein aktueller Bericht des „Spiegel“.
Der „Spiegel“ berichtet online am 3. Dezember 2020 über schwere Versäumnisse der BaFin, die aus den Unterlagen des Untersuchungsausschusses des Bundestags hervorgehen. Schon deutlich vor dem Zusammenbruch der Wirecard habe es Hinweise auf mögliche Straftaten bei dem ehemaligen Dax-Konzern gegeben. Bis Juli seien 87 Hinweise zu Wirecard bei der BaFin eingegangen. Die wurden jedoch nicht immer an die richtige Abteilung weitergeleitet und eine zentrale Stelle für Wirecard gab es innerhalb der Behörde offenbar nicht. Selbst die Innenrevision der BaFin spreche von „organisatorischem Optimierungspotential“, schreibt der „Spiegel“.
Zudem fühlte sich die BaFin für die Wirecard AG offenbar nicht zuständig, da sie als Technologieunternehmen und nicht als Finanzholding einzustufen sei. Als Finanzaufsicht habe die BaFin nur Zugriff auf die Konzerntochter Wirecard Bank. Im Juni 2020 erklärte die Behörde dann doch, dass sie Wirecard für ein Finanzunternehmen halte und zuständig sei.
Wenn es um Veröffentlichungspflichten und Marktmanipulationen geht, kann die BaFin ihre Zuständigkeit als Marktaufsicht jedoch nicht zurückweisen. Tatsächlich wurde sie auch tätig – allerdings auf der falschen Seite. Als die Financial Times bereits 2019 über Unregelmäßigkeiten bei Wirecard berichtete, zeigte sie die Journalisten wegen des Verdachts der Marktmanipulation an.
Inzwischen ist klar, dass die Journalisten Recht hatten. Sie haben ihren Job offenbar nur gründlicher gemacht als die BaFin. Die erstattete erst im Juni 2020 Anzeige gegen den Wirecard-Vorstand. Da war das Kind jedoch schon längst in den Brunnen gefallen. Das Ende ist bekannt. Die Wirecard AG ist insolvent, ihre Aktionäre und Anleger stehen vor einem finanziellen Scherbenhaufen.
Sie können ihre Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden. Die Insolvenzquote wird ihren finanziellen Schaden jedoch nicht kompensieren können. Allerdings haben Anleger und Aktionäre die Möglichkeit, Schadenersatzansprüche geltend zu machen. Anspruchsgegner können beispielsweise die Wirtschaftsprüfer von EY sein, die der Wirecard über Jahre ein uneingeschränktes Testat erteilt haben, obwohl die Bilanzen offensichtlich aufgebläht worden waren. „Anleger haben auf dieses Testat natürlich vertraut. Es zeigt sich aber, dass die Wirtschaftsprüfer offenbar nicht genau genug hingesehen und gegen ihre Prüfungspflichten verstoßen haben. Wir haben daher für unsere Mandanten bereits Klagen in Millionenhöhe gegen die Wirtschaftsprüfer von EY eingereicht“, sagt Rechtsanwalt Franz Braun, CLLB Rechtsanwälte.
Wie jetzt bekannt wurde, hat die beim Bundeswirtschaftsministerium angesiedelte Wirtschaftsprüfer-Aufsicht APAS inzwischen Anzeige gegen mehrere Wirtschaftsprüfer von EY erstattet.
Neben den Wirtschaftsprüfern kommen auch die ehemaligen Vorstände und Aufsichtsräte der Wirecard AG als Anspruchsgegner für Schadenersatzforderungen in Frage. Zudem können auch Ansprüche gegen die BaFin geprüft werden.
CLLB Rechtsanwälte unterstützt Wirecard-Anleger bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen und im Insolvenzverfahren.