EuGH: Generalanwältin hält Abschalteinrichtungen für illegal

München, 30.04.2020. Der Abgasskandal ist längst auch vor dem EuGH gelandet. Ein Urteil könnte VW und andere Autohersteller ganz empfindlich treffen. Zumindest dann, wenn das Gericht der Einschätzung der Generalanwältin Eleanor Sharpston folgt. Die stellte in ihrem Schlussantrag am 30. April unmissverständlich klar, dass sie Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung grundsätzlich für unzulässig hält, wenn sie dazu führen, dass die Grenzwerte beim Emissionsausstoß nicht eingehalten werden. Ausnahmen seien nur in ganz engen Grenzen möglich.

Noch liegt erst der Schlussantrag der Generalanwältin vor. Doch der Abgasskandal könnte eine ganz neue Dimension erfahren, wenn die Richter dem Antrag folgen, was nicht überraschend wäre. Ein Urteil in dem Verfahren zum Aktenzeichen C-693/18 wird in Kürze erwartet.

„Nicht nur VW-Kunden, sondern auch die Käufer anderer Marken hätten dann gute Chancen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen“, sagt Rechtsanwalt Dr. Henning Leitz, CLLB Rechtsanwälte. In dem Fall vor dem EuGH geht es zwar um einen VW mit dem Dieselmotor EA 189. Doch die Einschätzung der Generalanwältin geht über die Abgasmanipulationen bei dem durch den Dieselskandal bekannt gewordenen Motor EA 189 weit hinaus. „Demzufolge wären auch viele andere Dieselmotoren mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung, beispielsweise Thermofenster, ausgestattet“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Leitz.

Wie die Generalanwältin ausführte, seien Abschalteinrichtungen, die zu einer Verringerung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems führen, nach der Verordnung Nr. 715/2007 grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen davon seien nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Diese Ausnahmen seien aber eng auszulegen und nur möglich, wenn der Motor vor dem Eintreten von unmittelbaren und plötzlichen Schäden geschützt werden müsste, stellte die Generalanwältin klar. Der Schutz des Motors vor Verschleiß oder Verschmutzung sei von der Ausnahmeregelung nicht erfasst.

Außerdem führte die Generalanwältin aus, dass die Automobilhersteller dafür sorgen müssten, dass ihre Fahrzeuge die Grenzwerte bei den Emissionen im normalen Betrieb und nicht nur im Prüfmodus einhalten. Dies impliziere auch, dass die Fahrzeuge unter Einhaltung dieser Grenzwerte sicher zu funktionieren haben.

Dass die Generalanwältin zu der Auffassung kommt, dass VW beim Motor EA 189 eine unzulässige Abschalteinrichtung verwendet hat, durfte erwartet werden. Nun hat sie Autoindustrie mit ihrer Einschätzung aber noch viel empfindlicher getroffen und Abschalteinrichtungen für grundsätzlich unzulässig erklärt, wenn sie dazu führen, dass Grenzwerte beim Schadstoffausstoß nicht eingehalten werden.

„Zudem können die Autobauer nicht mehr argumentieren, dass Grenzwerte nur auf dem Prüfstand eingehalten werden müssen oder Thermofenster aus Motorschutzgründen nötig sind. Die Chancen, Schadensersatzansprüche durchzusetzen, sind damit deutlich gestiegen. Nicht nur bei Fahrzeugen aus dem VW-Konzern, sondern auch bei Dieselmodellen von Mercedes oder BMW“, so Rechtsanwalt Dr. Leitz.

Mehr Informationen: https://www.diesel-abgasskandal.de/

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