München, 22.11.2024. Spieler können ihre Verluste aus Online-Glücksspielen zurückfordern, wenn der Veranstalter nicht über die in Deutschland erforderliche Lizenz verfügt. Zahlreiche Gerichte haben in Deutschland diesen Rückzahlungsanspruch bestätigt, in Österreich ist die Rechtslage vergleichbar. Die maltesische Regierung hat mit der sog. Bill 55 ein Gesetz verabschiedet, dass die Durchsetzung ausländischer Urteile gegen maltesische Glücksspielanbieter verhindern soll. Der EuGH soll nun auf Anfrage des Wiener Handelsgerichts klären, ob die Bill 55 zulässig ist oder gegen EU-Recht verstößt.
Zahlreiche Gerichte in Deutschland und Österreich haben bereits entschieden, dass Spieler ihre Verluste aus verbotenen Online-Glücksspielen zurückfordern können. Viele der Glücksspielanbieter sind auf Malta ansässig. Um diese vor den Rückzahlungsforderungen der Spieler zu schützen, hat die maltesische Regierung im Juni 2023 die sog. Bill 55 verabschiedet. Kurz gesagt wird es maltesischen Gerichten durch dieses Gesetz verboten, Urteile anderer Staaten gegen maltesische Glücksspielanbieter anzuerkennen oder zu vollstrecken. „Das dürfte ein klarer Verstoß gegen europäisches Recht sein. Denn das EU-Recht sieht vor, dass auch Urteile aus anderen EU-Mitgliedsstaaten anerkannt und vollstreckt werden müssen“, sagt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte.
Der EuGH soll nun auf Anfrage des Handelsgerichts Wien klären, ob dieser maltesische Sonderweg zulässig ist. Hintergrund für die Anfrage ist ein Rechtsstreit zwischen einem Prozesskostenfinanzierer und einer Rechtsanwaltskanzlei, die ein Gutachten zur Zulässigkeit der Bill 55 erstellt hat.
Der Prozesskostenfinanzierer hat für zahlreiche Spieler Rückzahlungsansprüche an deutschen und österreichischen Gerichten durchgesetzt. Durch die Bill 55 stellt sich jedoch die Frage, ob diese Ansprüche in Malta noch durchgesetzt werden können. Die Rechtsanwaltskanzlei kam in ihrem Gutachten eindeutig zu dem Ergebnis, dass die maltesische Gesetzgebung gegen europäisches Recht verstoße. Sie dürfe in Gerichtsverfahren auf Malta nicht angewendet werden.
Die Praxis zeigt jedoch, dass die maltesischen Gerichte die Bill 55 vorbehaltlos anwenden und Urteile von deutschen und österreichischen Gerichten nicht vollstrecken.
Der Prozesskostenfinanzierer verlangte daher die Rückzahlung der Kosten für das Gutachten. Die beklagte Kanzlei verteidigte hingegen das Gutachten. Sie bekräftigte, dass die maltesische Gesetzgebung gegen europäisches Recht verstoße. Das Handelsgericht Wien erklärte, dass es die rechtlichen Einschätzungen in dem Gutachten voll und ganz teile. Es gehe davon aus, dass die Regelungen der EuGVVO zur Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen von Gerichten aus der EU auch auf den Glücksspielsektor Anwendung finden. Dies müsse aber vom EuGH geklärt werden.
„Es ist davon auszugehen, dass auch der EuGH die maltesische Bill 55 für unzulässig hält. Geschädigte Glücksspieler aus Deutschland sollten aber nicht die Entscheidung des EuGH abwarten, sondern ihre Rückzahlungsansprüche jetzt geltend machen, da ihre Ansprüche auch verjähren können“, so Rechtsanwalt Cocron.